Trost und Spiele (German Edition) by Robert Preis

Autor:Robert Preis [Preis, Robert]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
Herausgeber: Verlag Federfrei
veröffentlicht: 2012-08-15T22:00:00+00:00

Im Rittersaal dampft es, Trost spürt schnell, wie ihm Wein und Fleisch auf den Magen schlagen, aber er fühlt sich wohl und sicher hier zwischen all den Märchenwesen. Fast alle benehmen sich immer noch so, als wären sie Ritter, Bauern, Spielleute, Zauberer oder was auch immer. Einzig die zuvor wild schreiende Waldfee scheint genug von ihrer Rolle zu haben und setzt sich plötzlich an den frei werdenden Platz an Trosts Seite. Er zuckt unwillkürlich zurück, als sie ihre Finger in seinen Oberarm drückt.

»Muss ich mir die Ohren zuhalten?«

Sie lächelt. »Nein, tut mir leid. Wir suchen nach Streit. Das ist meine Rolle.«

»Verstehe.«

»Nein, tust du nicht. Aber egal. Was weißt du von diesem Pan?«

Trost nimmt die Hühnerkeule aus seinem Mund, wischt sich die Finger, so wie Moosbichler es ihm zuvor geraten hat, an die Hose ab und wendet sich der Magersüchtigen zu. »Mich interessiert, was du über ihn weißt?«

»Ah, stimmt. Polizisten sind die, die die Fragen stellen. Nicht die anderen. Auch so ein Teil vieler Geschichten.«

Es stellt sich heraus, dass die Waldfee nichts über Pan weiß, jedenfalls nichts, was Trost nicht schon weiß. »Pan ist so etwas wie ein Mythos«, sagt sie, »nicht der alte antike Pan, sondern die neue Pan-Geschichte. Dass er auftaucht und eine Armee an seiner Seite hat. Ich habe ihn noch nie erlebt, aber die meisten würden ihn, glaube ich, gerne einmal in Action erleben.«

»Was?«

»Ja, er soll großartig kämpfen. In Deutschland soll er schon so viele Punkte haben, dass ihm niemand das Wasser reichen kann. Aber um die Punkte geht es hier nicht. Es geht um seine Inszenierung, verstehst du. Er verkörpert das, was so viele von uns auch gerne wären. Ein Idol, ein Held. Wenn er auch der Böse ist …«

»Hauptsache, ein Star.«

»Ja, wenn du so willst.«

»Und was hältst du von ihm?«

Die Waldfee lacht, und ein seltsames Funkeln blitzt in ihren Augen auf. Ein bisschen irre, findet Trost. »Ich finde, er ist ein Verrückter, dem irgendwann jemand gewaltig eines über den Schädel braten wird. Vielleicht wird er in Stücke gerissen, oder man lauert ihm an einer schattigen Stelle auf und reißt ihm die Innereien aus dem Körper.«

Trost blickt die zierliche Frau entgeistert an. »Und du hast keine Angst, dass du ihm eines Tages begegnest?«

Ihre Pupillen bewegen sich nicht. »Ich würde mir sogar nichts Sehnlicheres wünschen, als ihm gegenüberzustehen.« Als habe sie gemerkt, wie verrückt das klingt, fügt sie, nervös lächelnd, hinzu: »Alles, was mir passieren kann, ist, dass er die Waldfee tötet. Dann muss ich mir ein neues Leben suchen.«

Sie hat keine Ahnung davon, dass manchen mehr als das passiert. Dass ihnen bei einer Pan-Begegnung zum gespielten auch das echte Leben abhanden kommen kann.

Er sagt: »So einfach ist das?«

»Ja, so einfach ist das.«

Trost verkneift sich zu fragen, ob die Waldfee nicht auch Angst um ihr wirkliches Leben hat.

»Wir rätseln alle schon herum, wann endlich ein großes Pan-Drehbuch kommt. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass er der absolute Star in Brokeloh wird.«

»Wo?«

»Brokeloh in Niedersachsen. Das ist ein riesiger Larp, ein Life Action Role Play, in Deutschland, mit siebentausend Teilnehmern.

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